Zitate zu "Mut"
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Joachim Gauck
In tiefer Trauer verneigen wir uns vor Richard von Weizsäcker, einem großen Deutschen und einem herausragenden Präsidenten. Wie nur wenige stand er für unser Land - und wie nur wenige hat er für unser Land weltweit Achtung und Sympathie erworben. // Die deutsche Geschichte hat ihn geprägt. Und er hat selber tiefe Spuren in der Geschichte unseres Landes hinterlassen. Richard von Weizsäcker hat uns in den langen Jahren seines Wirkens Inspiration und Orientierung gegeben. // Wir waren es gewohnt, ihn bis ins hohe Alter zu wesentlichen Fragen zu hören. Seine Stimme, seine Art zu denken und zu sprechen, sind uns in den Jahrzehnten seines Wirkens so vertraut geworden wie die eines väterlichen Freundes. Er war ein Pater Patriae, so hätte man es früher gesagt. Er war uns vertraut - und wir haben Vertrauen zu ihm gehabt. // Wenn auch nicht jeder mit allem einverstanden gewesen ist, was er gesagt hat, so haben wir doch immer gewusst: Was er sagt, ist die Frucht einer großen Lebenserfahrung, eines unabhängigen Geistes und einer gründlichen Gewissensbefragung. Weil er nicht auf schnellen Applaus aus war, sondern auf Mitdenken; weil er auf die Kraft des Arguments baute und nicht auf schnelle Überredung; weil er auch beim Anderen voraussetzte, was ihn selber leitete: der Wille zum moralisch begründeten Handeln. All das hat dazu beigetragen, dass er glaubwürdig war. // Im Grundgesetz steht nicht geschrieben, dass ein Bundespräsident eine moralische Instanz zu sein hat. Es ist auch nicht vorgeschrieben, dass er intelligent sein, der sittlichen Vernunft folgen und auch noch durch tiefgründige Reden überzeugen können soll. Aber Richard von Weizsäcker hat all dies beherrscht oder hat es gelebt - souverän, freundlich und selbstverständlich. // Er hat damit Maßstäbe für das Amt gesetzt. Das galt für seine vielbewunderte Fähigkeit, unter praktisch allen Umständen Würde und Souveränität auszustrahlen. Er überzeugte besonders, weil Amt und Person so passgenau zur Deckung kamen. Und weil seine Reden und seine Handlungen, seine ganze Unabhängigkeit so sehr dem entsprachen, was die Deutschen sich von einem Staatsoberhaupt wünschten. // Das galt übrigens nicht nur für die Bundesdeutschen der Bonner Republik. Auch für uns Deutsche in der DDR war er eine Integrationsfigur. Mit unzähligen Menschen in der DDR wünschte ich einst, er könnte auch unser Präsident sein. Später wurde er zu unser aller Glück der erste Bundespräsident im wiedervereinigten Land. Er war es, der 1987 zu Michail Gorbatschow, der damals von einer "offenen deutschen Frage" nichts wissen wollte, gesagt hatte: "Die deutsche Frage ist offen, solange das Brandenburger Tor zu ist". // Die äußerlich wahrnehmbare Souveränität kann nur dem gelingen, dessen Souveränität aus innerer Stärke kommt. // Woher die innere Stärke dieses Mannes kam, bleibt letztlich, wie bei jedem Menschen, ein Geheimnis. Aber wir dürfen schon vermuten, dass seine Erziehung dazu beitrug: in einer Familie, in der der Dienst am Gemeinwesen in hohen und höchsten Ämtern über Generationen üblich war. // Die Erfahrung mit seinem Vater hat ihn andererseits auch gelehrt, vor welche Gewissensfragen ein solcher Dienst einen Menschen stellen kann. Wohl sein Leben lang hat er sich innerlich mit seinem Vater auseinandergesetzt, dem Staatssekretär im nationalsozialistischen Deutschland, den er, nicht nur vor dem Nürnberger Gericht, sondern immer verteidigt hat. // Geprägt haben ihn gewiss auch seine eigenen Erfahrungen im Zweiten Weltkrieg: Schon am ersten Tag des Krieges musste er dabei sein, als die Wehrmacht in Polen einmarschierte. Am zweiten Tag wurde sein Bruder, wenige hundert Meter von ihm entfernt, tödlich verletzt. Der Kriegsteilnehmer von Weizsäcker hat vieles gesehen, vieles erlebt und später vieles verarbeiten müssen. Er hat darüber nur wenig gesprochen. Aber zeitlebens hat ihm die eigene Zeit mit ihren Brüchen und Kontinuitäten vor Augen gestanden. Das hat ihn nicht nur zu einem Zeugen der Zeiten, sondern später zu einem Deuter der Zeit gemacht. // Und ganz gewiss haben ihn die Erfahrungen seiner jungen Jahre zu einem überzeugten Demokraten gemacht. Auch dass eine Demokratie wehrhaft und stark sein muss, war ihm bewusst als eine nie zu vergessende Lehre aus dem Scheitern von Weimar. // Dass Politik im demokratischen Rechtsstaat durch Parteien gestaltet wird, war Richard von Weizsäcker vollkommen klar. Er ist 1954 Mitglied der CDU geworden, und ohne diese Mitgliedschaft hätte er damals keine politischen Ämter erreichen können. Sein "Ja" zur Parteiendemokratie hinderte ihn nicht, später auf die Gefahr hinzuweisen, dass Parteien versucht sein können, den eigenen Machterhalt vor das Interesse des Gemeinwesens zu setzen. // Freiheitliche Gesinnung und demokratische Überzeugung bedeuteten für ihn nicht, sich immer der Mehrheit zu fügen. 1972 stellte er sich gegen die überwältigende Mehrheit seiner Bundestagsfraktion und kündigte an, für die Annahme der Ostverträge stimmen zu wollen. Sein politischer Einsatz führte letztlich dazu, dass sich die allermeisten Abgeordneten von CDU und CSU der Stimme enthielten. So half er, diese Verträge und damit die historische Leistung von Bundeskanzler Willy Brandt zu ratifizieren. // Ohne die enge Einbindung in das Atlantische Bündnis je in Frage zu stellen, knüpfte er an sein eigenes langjähriges und leidenschaftliches Engagement für eine Aussöhnung mit den östlichen Nachbarn Deutschlands an. Richard von Weizsäcker war nicht nur 1965 an der Formulierung der wegweisenden Ostdenkschrift der Evangelischen Kirche in Deutschland beteiligt. Durch vielerlei Kontakte knüpfte er Bande des Vertrauens, die sich als haltbar erwiesen und die sich später, bei der Überwindung der Teilung Europas, als ungemein wichtig herausstellten. Angesichts seines Todes sind deshalb gerade aus Polen große Zeichen der Anteilnahme gekommen. // Es war nicht immer einfach, seine eigenen Parteifreunde von der Richtigkeit dieses Weges zu überzeugen. Auch die Gelassenheit, mit der er den Protestbewegungen der 1980er Jahre begegnete, als Regierender Bürgermeister von Berlin sogar den Hausbesetzern, betrachtete mancher aus dem konservativen Milieu mit Skepsis. Aber er half doch damit, die Verankerung des demokratischen Staates in den Köpfen und Herzen gerade der kritischen Geister zu stärken. Auch so wurde Richard von Weizsäcker zu einem der glaubwürdigsten Repräsentanten dieser Republik, gerade für die jüngere Generation. // Zu seiner inneren Stärke und zu seiner klaren Orientierung trug nicht zuletzt sein christlicher Glaube bei. Bei Richard von Weizsäcker waren Wort und Tat erkennbar die eines engagierten Christen. Die Aufgabe, die er lange Jahre als Präsident des Deutschen Evangelischen Kirchentages wahrgenommen hat, sie hat ihm entsprochen. // Von großer Bedeutung war für ihn die Kraft, die er aus seiner Familie schöpfte und ganz besonders aus der jahrzehntelangen Liebe zu und von seiner Frau Marianne. // Liebe, verehrte Frau von Weizsäcker, wir alle konnten sehen, was Sie beide einander bedeuteten. Deshalb sind wir Ihnen auch dankbar für Ihre Unterstützung dieser bedeutenden Präsidentschaft. Und es ist uns ein tiefes Bedürfnis, in diesen Tagen des Abschieds Ihren Schmerz mitzutragen. Wenn schon für uns, die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes, der Tod Richard von Weizsäckers ein so großer Verlust ist, dann erst recht doch für seine Familie, seine Kinder, seine Enkel, auch für seine Freunde. Ihnen allen gilt unser Mitgefühl. // Richard von Weizsäcker hat ein wahrhaft biblisches Alter erreicht. Er ist ein Zeuge des Jahrhunderts. In seiner Lebensgeschichte begegnet uns eine Existenz, die noch ganz andere Prägungen erfahren hat als unsere Gegenwart sie kennt. Als er im Stuttgarter Neuen Schloss geboren wurde, war die württembergische Monarchie, der sein Großvater noch gedient hatte, gerade einmal zwei Jahre abgeschafft. // Als gebürtiger Schwabe gehörte er einem Deutschen Reich an, das von Aachen bis Königsberg reichte. Und als er Bundespräsident wurde, gehörten nicht einmal mehr Erfurt und Weimar, Leipzig oder Dresden zu dem Staat, den er repräsentierte, nicht einmal "Unter den Linden" in Berlin oder die Wilhelmstraße, wo 40 Jahre zuvor das Auswärtige Amt seinen Sitz hatte, in dem sein Vater Dienst tat. All das gehörte nicht zu diesem Deutschland, dessen Präsident er wurde. // Richard von Weizsäcker wusste nicht nur intellektuell, was Deutschland durch Diktatur, Völkermord und Krieg verspielt hatte. Er erlebte es sozusagen mit seiner ganzen Biographie einschließlich seiner Familiengeschichte. Vielleicht war er deswegen - wagen wir es ruhig, dieses Wort zu benutzen: berufen dazu, uns Deutschen zu einer endgültigen Klarheit über den Krieg und seine Folgen zu verhelfen. // Im Leben eines jeden Menschen, da gibt es Momente, auf die gleichsam die ganze Existenz zuläuft, Augenblicke, in denen der Mensch "Ja" sagt zu dem, was unvertretbar auf ihn und niemanden anderes jetzt zukommt. Das war für den politischen Menschen Richard von Weizsäcker zweifellos seine Rede am 8. Mai 1985. // Richard von Weizsäcker hat sich mit dieser Rede um sein Vaterland verdient gemacht. Nicht, weil er gesagt hätte, was damals niemand gewusst hat. Er hat vielmehr das gesagt, was 1985 alle wissen mussten, was aber auch 1985 noch immer nicht alle wissen wollten. In einer langen und intensiven Vorbereitung dieser Rede hat er nicht nur Spuren aufgenommen, die frühere Bundespräsidenten gelegt hatten, hat nicht nur Stimmen und Stimmungen der bewegten Jahre nach 1968 wahrgenommen, sondern er hat all dem seine eigenen Erfahrungen beigefügt. Als Zeitgenosse des blutigen Jahrhunderts war es sein eigenes inneres "Ja", das ihn zu einer Erkenntnis geführt hat, die die Öffentlichkeit als Bekenntnis empfunden hat. Es war ein Bekenntnis. // Die zentralen Sätze beschrieben die Erkenntnis, dass die schlimmen Leiden, die die Deutschen selbst erlebten am Kriegsende, nicht als unverschuldetes Schicksal über uns gekommen waren: "Wir dürfen nicht im Ende des Krieges die Ursache für Flucht, Vertreibung und Unfreiheit sehen. Sie liegt vielmehr in seinem Anfang und im Beginn jener Gewaltherrschaft, die zum Krieg führte. Wir dürfen den 8. Mai 1945 nicht vom 30. Januar 1933 trennen." Seine Worte. // Als er mit der Autorität des Staatsoberhauptes den 8. Mai einen Tag der Befreiung nannte, vergaß er nicht diejenigen, für die mit diesem Tag das Schlimmste noch lange nicht zu Ende war oder gar erst begann. Aber für Viele hat er damit dem Lavieren ein Ende gesetzt, so dass sie nun freier in die Vergangenheit sehen und in die Zukunft gehen konnten. Im Laufe der Zeit wuchs deswegen die Zustimmung zu dieser Rede auch bei denen, die erst nicht applaudieren konnten. // Und noch etwas: Richard von Weizsäcker förderte mit dieser Rede und mit seiner Haltung den Mut zur Wahrhaftigkeit. Er lebte diese Wahrhaftigkeit hier selber vor. In dieser Rede ist in eindringlichen Worten ausgedrückt, dass Menschen, dass wir aus eigener Kraft und aus eigener Erkenntnis jene Einsichten formulieren konnten, die uns befreiten zu einem neuen Selbstverständnis. Es waren nicht zuletzt diese Rede und - vergessen wir es nicht - die Politik des Bundeskanzlers Helmut Kohl, die in der Welt das Vertrauen in ein wahrhaft gewandeltes Deutschland befestigten, ein Vertrauen, das den Prozess der Vereinigung Deutschlands enorm unterstützt hat. // So sind wir dankbar, wenn wir zurückschauen: Wir sehen Richard von Weizsäcker, den Mann, der mit der Geschichte und aus der Geschichte lebte - und gerade so den Fragen der Gegenwart ungewöhnlich offen zugetan war; einen Mann, der wusste, was pragmatisches Regieren bedeutete - und gerade deshalb eine Politik ohne Wertegrundlage ablehnte; einen eminent politischen Präsidenten, der notwendigen Kontroversen nicht aus dem Wege ging - und trotzdem auf Konsens zielte; einen Mann des disputierenden Abwägens, vertraut mit den Ambivalenzen und Paradoxien der Politik - und gleichzeitig fähig zu glasklarer Eindeutigkeit in Grundfragen. // In ihm, Richard von Weizsäcker, sahen die meisten Deutschen die Verkörperung guter Präsidentschaft. Das war für die Befreundung der Deutschen mit ihrem Land, mit ihrer Demokratie wichtig. Wir könnten es auch einfacher sagen: Indem sie ihn mochten, lernten die Deutschen sich selber zu mögen. Etwas Heilendes war mit ihm in das politische Leben gekommen. Denn nur wer Vertrauen zu sich selbst hat, wird erfahren, dass auch andere ihm vertrauen. // In tiefer und großer Dankbarkeit tragen wir ihn jetzt hier in Berlin zu Grabe, in der Stadt, die auch durch seinen leidenschaftlichen Einsatz die Hauptstadt eines vereinten Deutschlands geworden ist. // Wir verneigen uns vor Richard von Weizsäcker, einem großen Bundespräsidenten, der, als es an ihm war, das Richtige sagte und das Richtige tat.
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Joachim Gauck
Liebe Bürgerinnen und Bürger! // Wir haben eine Wahl. Wir haben etwas, wovon Millionen Menschen in der Welt noch träumen. // Es gehört zur Freiheit in unserem Land, auf dieses Recht zu verzichten. Aber es gehört auch zur Freiheit, daran zu erinnern: Demokratie passiert nicht einfach, sie wird gemacht: von uns. // Demokratie ist gemeinsames Handeln von allen, die sich einbringen wollen. Und wie viel Kompetenz und Hingabe, wie viel Mut und Ehrlichkeit wir in der Politik vorfinden, ist kein Zufall, sondern Folge unserer Entscheidungen. Diejenigen, denen wir unsere Stimme geben, werden unser Land gestalten. Was wir aktiv beitragen, wird zum Programm. Was wir passiv hinnehmen, ebenso. // Deshalb möchte ich Sie ermutigen: Überlassen Sie unsere parlamentarische Demokratie nicht der Beliebigkeit oder gar dem Verdruss. // Eigentlich ist uns das Wählen vertraut: Jeden Tag treffen wir unsere Wahl zwischen verschiedenen Möglichkeiten - in allen möglichen Lebensbereichen. Warum soll das für die Politik nicht gelten? // Unsere Demokratie lebt davon, dass wir eine Stimme haben und diese Stimme nutzen. Sie lebt davon, dass Bürger andere Bürger auf Zeit damit beauftragen, die öffentlichen Dinge zu regeln. Und sie lebt davon, dass die Gewählten ihren Auftrag ernst nehmen. // Unsere Demokratie ist nicht perfekt und ihre Ergebnisse überzeugen nicht jeden jederzeit. Aber sie ist vital, offen für Veränderung, lernfähig und damit die Ordnung, die das Kostbarste schützt, was wir haben: selbstbestimmt und eigenverantwortlich unser Leben, unsere Zukunft zu gestalten. // 61,8 Millionen Bürgerinnen und Bürger sind in diesem Jahr wahlberechtigt. Jede und jeder einzelne kann gewiss sein: Ihre Stimme hat am Sonntag Gewicht und zwar genauso viel wie die Stimme Ihres Nachbarn, Ihres Vorgesetzten oder die des Bundespräsidenten. // Wir alle haben die Wahl. Wollen wir abwarten, zuschauen oder mitwirken? Indem wir wählen, entscheiden wir uns für eine lebendige Demokratie.
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Joachim Gauck
Mit großer Überraschung und tiefer Bewegung haben die Bürger in Deutschland erfahren, dass Papst Benedikt XVI. seinen Rücktritt angekündigt hat. // Für diesen historisch höchst seltenen Entschluss sind großer Mut und Selbstreflexion nötig. Beides findet meinen außerordentlichen Respekt. Ich finde in dieser Geste auch den Mann wieder, den ich vor Kurzem erst bei einem langen Besuch persönlich kennenlernen durfte. Sein Glaube, seine Weisheit und seine menschliche Bescheidenheit haben mich tief beeindruckt. // Für uns Deutsche hat dieser Papst eine besondere Bedeutung. Denn dass ein Deutscher die Nachfolge von Johannes Paul II. antrat, war von historischer Bedeutung für unser Land. // In Benedikts Wirken verbinden sich hohe theologische und philosophische Bildung mit einfacher Sprache und mit Menschenfreundlichkeit. Deswegen fanden viele Menschen, nicht nur Katholiken, in seiner Person und in seinen Schriften und Ansprachen Orientierung und Ermutigung zum Glauben. // Papst Benedikt begriff den kritischen und konstruktiven Dialog zwischen Vernunft und Glauben als eine zentrale intellektuelle Aufgabe der Gegenwart - und er selber hat unermüdlich dazu beigetragen. // Benedikt XVI. war als Papst der ganzen Welt verpflichtet, aber er blieb auch im Herzen immer mit seiner Heimat verbunden. Das konnten wir bei seinen Besuchen in Deutschland spüren, vor allem bei seiner Reise nach Bayern. Unvergessen sind aber auch seine Besuche zum Weltjugendtag in Köln, in Berlin oder im Eichsfeld oder in Freiburg. Eindrücklich ist uns auch seine leidenschaftliche und nachdenkliche Rede vor dem Deutschen Bundestag geblieben. // "Deus caritas est - Gott ist die Liebe" - Dieser Titel seiner ersten Enzyklika war Papst Benedikts Überzeugung und feste Orientierung. Dafür ist er ein glaubwürdiger Zeuge. // In Respekt vor seinem Entschluss wünschen wir ihm einen erfüllten und gesegneten Lebensabend.
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Joachim Gauck
Unsere Welt hat eine Jahrhundertgestalt verloren. Mit Trauer und tiefer innerer Bewegung nehmen wir Abschied. Wir nehmen Abschied von Nelson Mandela. Mandelas Wirken wird für alle Menschen, die sich für Freiheit, für die Menschenrechte und die Menschenwürde einsetzen, Inspiration und Quelle der Ermutigung bleiben. // Wir schauen zurück auf einen beeindruckenden Lebensweg: Was für eine Persönlichkeit! Nelson Mandela verband kämpferischen Elan mit Prinzipientreue, Liebe zur Freiheit mit Achtung vor dem Recht und die Suche nach friedensstiftenden Kompromissen mit dem Beharren auf historischer Wahrheit. // Sein Kampf gegen die Unmenschlichkeit des Apartheidregimes wird unvergessen bleiben. Ein freies Südafrika - das war sein Traum! Er wurde zum Architekten der modernen Regenbogennation. // Unvergessen auch seine Rolle im Versöhnungsprozess: Trotz der demütigenden Erfahrung von 27 Jahren Haft auf Robben Island fand er den Mut und die Kraft, nicht den Weg des Hasses zu gehen. Die Wahrheits- und Versöhnungskommission, die er vorschlug, erinnerte die Menschen daran, dass nicht Rache, sondern Wahrheit, Recht und Vergebungsbereitschaft inneren Frieden befördern und Zukunft eröffnen. // Nelson Mandela erkannte, dass auch die Unterdrücker selber der Befreiung bedürfen. In seinen Worten: "Ein Mensch, der einem anderen die Freiheit raubt, ist ein Gefangener des Hasses". Er war der Überzeugung: "Wenn Menschen zu hassen lernen können, dann können sie auch gelehrt werden zu lieben, denn Liebe empfindet das menschliche Herz viel natürlicher als ihr Gegenteil". // Sein Vermächtnis ermutigt Menschen weltweit, den Kampf für Demokratie, Freiheit und Recht nicht aufzugeben. // Ich bin - zusammen mit unzähligen Menschen in Deutschland - dankbar dafür, was Nelson Mandela dieser Welt geschenkt hat.
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Joachim Gauck
Wer Sie würdigen möchte, hat es eigentlich leicht. Denn Ihr beruflicher Lebensweg ist derartig abwechslungsreich und spannend, dass man nur die einzelnen Stationen aufzuzählen hätte und eine Laudatio hielte sich gewissermaßen von selber. // Aber wer von Roman Herzog spricht, der hat natürlich zuallererst den Bundespräsidenten Roman Herzog vor Augen. Und die Erinnerung an diese fünf Jahre lässt naturgemäß die anderen Stationen des Berufslebens etwas in den Hintergrund rücken. Das Stichwort für ihre Amtszeit haben Sie bei Ihrem allerersten Auftritt schon selber gegeben, als Sie davon sprachen, Sie wollten unser Land" unverkrampft" repräsentieren. Um diesen Begriff gab es zunächst ein wenig Aufregung, da einige schon vermuteten, damit solle etwa ein verharmlosender Umgang mit der deutschen Geschichte gemeint sein. // Das war aber nicht der Fall. Sie zeigten es schon sehr bald mit jenen entschiedenen und unzweideutigen Reden, die Sie zum Gedenken an Krieg und Holocaust kurz nacheinander in Bergen-Belsen, Dresden und zum 8. Mai hielten. Hier wurde jedem klar, dass Sie nicht nur mit einer unmissverständlichen Haltung zur Vergangenheit die Köpfe und Herzen zu bewegen vermochten, sondern auch mit Lehren für die deutsche Gegenwart und Zukunft. // Auf Ihre Initiative und Ihre Entscheidung geht es auch zurück, dass wir den 27. Januar als den Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus begehen. Sie haben ihn proklamiert und haben gleich zwei Mal zu diesem Anlass vor dem Deutschen Bundestag gesprochen: "Wenn wir den Anfängen wehren wollen", so sagten Sie, "müssen wir unablässig wachsam sein." // Dass "unverkrampft" in diesem Zusammenhang ein besonders faires und gerechtes, aber auch ein entschiedenes Urteil ohne falsche Rücksichten meint, zeigte sich in einer anderen wichtigen Rede, die Sie uns Deutschen mit auf den Weg gegeben haben. Sie nahmen Stellung zur damaligen Debatte um Martin Walser und Ignatz Bubis. Sie bedankten sich zugleich bei beiden Kontrahenten, weil beide notwendige Fragen zur "Zukunft der Erinnerung" gestellt hatten. // Das scheint mir typisch für Sie zu sein: Bei aller Belesenheit, bei aller Hinwendung zur Geschichte, ging es Ihnen doch in erster Linie um die Zukunft unseres Landes und unserer Gesellschaft. Sie haben darüber nicht nur gesprochen, sondern dadurch dafür gesorgt, dass es seit Ihrer Amtszeit den "Deutschen Zukunftspreis" gibt. Ihr Interesse an Innovationen war stark und wirkte motivierend auf andere. Jedenfalls fanden sich genügend Mitstreiter, um den Preis auszuloben. Inzwischen haben die meisten wohl den Eindruck, den Deutschen Zukunftspreis gebe es schon immer. // So haben Sie mit dem Gedenktag des 27. Januar und mit dem Deutschen Zukunftspreis als Bundespräsident zwei bleibende Einrichtungen ins Leben gerufen, die eine die Vergangenheit, die andere die Zukunft betreffend. // Es gibt aber ein Wort - ein Stichwort -, das wie kein zweites mit Ihnen verbunden wird, nämlich den "Ruck". Es würde zu weit führen, all jene Debatten und Wortmeldungen zu rekapitulieren, die mit Ihrer sogenannten "Ruck-Rede" verbunden sind. // Ich will nur noch einmal daran erinnern, mit welch unerschrockenem Elan und tatsächlich unverkrampfter Direktheit Sie sich damals so ziemlich alle Gruppen und Grüppchen des Landes vorgeknöpft hatten, um allen, wirklich allen Mut und Lust zur Veränderung zu machen - Mut und Lust, eingefahrene Denkbahnen zu verlassen. // Eine der Wirkungen dieser Rede ist nun für uns Nachfolger im Amt die mit voraussagbarer Sicherheit immer wieder aufkommende Frage von Journalisten, ob diese oder jene Rede des Bundespräsidenten denn nun seine "Ruck-Rede" gewesen sei oder wann seine "Ruck-Rede" denn nun endlich komme. So haben Sie mit einem der kürzesten deutschen Wörter einen wirklich langen Schatten geworfen. // Ich sprach gerade von Ihrer Ermutigung, eingefahrene Denkbahnen zu verlassen. Das ist, wenn ich es richtig sehe, überhaupt eine Ihrer intellektuellen Lieblingsbeschäftigungen: nämlich Ihre Zuhörer durch überraschende Ideenverknüpfung und so-noch-nicht-Gedachtes zu verblüffen. Verblüffung aber nicht als Selbstzweck des Neunmalklugen, sondern als Anstoß, sich wenigstens gedanklich, gern aber auch politisch-praktisch auf Neuland zu begeben. // Gerade weil Ihnen intellektuelle Trägheit immer ein Gräuel war und ist, sind Sie zwar Mitglied einer Partei geworden, aber Ihr Denken ließ sich nicht von Parteitagsbeschlüssen leiten. Und wer glaubte, dass Sie im Bundesverfassungsgericht nun einfach die sogenannte konservative Fraktion starkmachten, der sah sich durch manches Urteil, an dem Sie beteiligt waren, zum Beispiel jenes zur Demonstrationsfreiheit in Brokdorf, eines anderen belehrt. Aber vielleicht ist das auch Ihr Begriff von Konservativismus: im Zweifel für die Freiheit - und im Zweifel nicht für die felsenfeste Überzeugung, sondern für das bessere Argument. // Dass Sie Ihre bundespräsidialen Reden zur Kultur unter dem Titel "Freiheit des Geistes" herausgegeben haben, spricht für sich. Und es passt zu ihrer unruhigen und unbequemen Art, wenn sie dort "den Mut, echte Fragen zu stellen" fordern und Geduld anmahnen, wenn es nicht sofort eine Antwort gibt: "Wo keine Fragen gestellt werden", so sagen Sie, "wird nichts wirklich Neues entstehen, da erstarren die gesellschaftlichen Verhältnisse. Wer auf Fragen verzichtet, der hat im Grunde auch auf neue Lösungen schon verzichtet." // In der Tradition des "echten Fragens" scheint mir auch das Institut zu stehen, das Ihren Namen trägt, das Roman Herzog Institut. Es versteht sich selbst als "Plattform für freies Nach-, Vor- und Querdenken." // Freies Denken in alle Richtungen: Das haben Sie in Ihren politischen Ämtern geübt, aber Sie waren lebenslang weit mehr als ein unverbindlicher Ideenschmied. Sie haben als Universitätsprofessor geforscht und gelehrt, als Minister der Exekutive angehört und als Richter und Präsident des Bundesverfassungsgerichts der Jurisdiktion. Erst dann, sozusagen nach dem akademischen und politischen Schwarzbrot - und nachdem Sie das Amt des Bundespräsidenten im Grundgesetzkommentar sorgfältig bedacht und beschrieben hatten - konnten Sie im Amt des Bundespräsidenten laut denken und frei reden. // Vieles wäre noch zu sagen, zum Beispiel zu Ihrem tatkräftigen Engagement für Europa im Verfassungskonvent, oder auch zu Ihrem jüngsten Appell, Europa neu zu denken, auch zu Ihren von tiefer Sorge getragenen Ausführungen zu Demokratie und Demoskopie. Aber wir wollen ja noch ein bisschen miteinander reden und miteinander essen und trinken. // Deswegen will ich ganz zum Schluss noch sagen: Was mich und viele andere immer sehr beeindruckt hat, das ist Ihre Gabe, auch sich selbst auf den Arm zu nehmen. Mir hat man erzählt, Sie hätten einmal auf die Frage, ob Sie sich erklären könnten, warum Sie bei den Leuten so gut ankämen, geantwortet, Sie könnten sich leider nicht von Ihrem bayrischen Dialekt befreien, und darum hätten die Zuhörer, sobald Sie den Mund aufmachten, schon das Gefühl, sie seien im Urlaub und bekämen deswegen umgehend gute Laune. Das ist nicht nur unverkrampft, das ist - verzeihen Sie: cool. // Unendlich viele Menschen in Deutschland denken gern und dankbar an Ihre Präsidentschaft zurück. Ich gehöre zu ihnen, so wie Sie, meine Damen und Herren, die Sie unserem Ehrengast freundschaftlich verbunden sind. Deshalb erheben wir voller Freude unser Glas auf Bundespräsident Roman Herzog.
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Emanuel Geibel
Das ist das alte Lied und Leid, daß dir Erkenntnis erst gedeiht, wenn Mut und Kraft verrauchen. Die Jugend kann, das Alter weiß; Du kaufst nur um des Lebens Preis die Kunst, das Leben recht zu brauchen.
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Christian Fürchtegott Gellert
Wen die Natur zu der Gefahr bestimmt, / Dem hat sie auch den Mut zu der Gefahr gegeben.
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Aulus Gellius
Ihr Mut wächst; die Tugend wird gestärkt durch die Wunde.
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André Gide
Ich kann nicht an neue Ufer vordringen, wenn ich nicht den Mut aufbringe, die alten zu verlassen.
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André Gide
Man entdeckt keine neuen Erdteile, ohne den Mut zu haben, alte Küsten aus den Augen zu verlieren.
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Jean Giono
Was auf den ersten Blick wie Feigheit aussieht, ist möglicherweise Klugheit.
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Emil Gött
Die Gefahr will keine Wechsel, sie will in barem Mut bezahlt werden.
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Emil Gött
Heldentum ist Verstand - er weiß, daß Mut den Tod nervös macht.
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Balthasar Gracián y Morales
Der geistige Mut übertrifft die körperliche Kraft: Er sei ein Schwert, das stets in der Scheide der Klugheit ruht, für die Gelegenheit bereit.
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Balthasar Gracián y Morales
Ohne Mut ist das Wissen unfruchtbar.
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Graham Henry Greene
Laster sind die Vergnügen, zu denen es uns an dem nötigen Mut fehlt.
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Hl. Gregor von Nazianz
In der Gefahr ist Mut Männlichkeit, Nachgiebigkeit Feigheit. Wer aber in übergroßer Gefahr angreift, statt sich zurückzuziehen, ist verwegen; wer vor solcher Gefahr sich zurückhält, geht den sicheren Weg. Es ist zweierlei, ob man seine Position verteidigt oder ob man nach etwas verlangt, was man nicht hat. Jenes ist Ehrensache für alle Verständigen; dies mag man tun, wenn es keine Schwierigkeiten bereitet.
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Franz Grillparzer
Immer fließen meine Tränen, was auch die Erfahrung spricht; für den Mut gibt's ein Gewöhnen, aber für die Sorge nicht.
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Elfriede Hablé
Ihr Helden! Habt - wenn nötig - ein bißchen mehr Mut zur Feigheit!
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Elfriede Hablé
Mitunter zeichnet der Mut zur Feigheit einen Helden aus.